Peter Schmersal



 

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Bilder der Kunstgeschichte

… natürlich, sagt Peter Schmersal, habe er Velázquez’ Gemälde im Original
gesehen. Die Papst-Darstellungen von Francis Bacon sind ihm ebenso ver-
traut – und zugleich löst er sich von den motivischen Vorläufern und erfasst
das Bild als Malerei und schafft aus dessen konstitutiver Anlage Eigenes. Der
Rock des Papstes ist bei Schmersal goldgelb flirrendes, leuchtendes Gefieder,
noch im Kontrast zum Purpur und zu allem Rot. Das Gesicht wirkt gerade in
seiner Längung aufmerksam und unmittelbar. Obzwar etwas seitlicher als bei
Velázquez positioniert, ist hier Innozenz X. doch näher am Betrachter. Und
erst recht bei Schmersal thront Innozenz X. und vermittelt so geistige Größe.
Dazu ist der Umraum weiter abstrahiert, mit dem Pinsel in Farbbahnen gezogen,
noch mit der Andeutung möglicher Schatten. Schmersals Gemälde ist eine Malerei über Malerei, eine anregende, hochgebildete Lehrstunde über ihre Gegenwärtigkeit und ihre Präsenz durch die Geschichte hindurch, welche anhand des Motivs in ihrer Historizität unterstrichen ist.

… für andere Bilder wendet sich Schmersal dem Figureninventar der frühen Malerei zu. Mit den Gestalten der klassischen Mythologie und des Alten Testaments kommt augenblicklich eine weitere Reflexionsebene hinzu, die den Kanon der Visualisierung des Nicht-Visualisierbaren anspricht. Schmersal entwirft die überlieferten Figuren als Malerei zwischen Individualität und Typus mit den entsprechenden Attributen. Die Ikonographie und die Symbole – schon die Schlange oder ein Amor – werden für ihn zu expressiver Anverwandlung, einzigartig und reich an inhaltlichen Dimensionen. Und mit all dem erweckt Schmersal die Darstellungsweisen der Kunstgeschichte zu zeitgenössischer Vitalität. Er zeigt dabei, über welche schiere Kraft und Frische Malerei verfügt und dass sich ihre klassischen Themen und Gattungen aus sich heraus regenerieren. Innerhalb der Kette der Motive und Sujets, die Peter Schmersal im Laufe seiner Tätigkeit geschaffen hat, ist die Hinwendung auf die Darstellungen aus der Geschichte der Malerei konsequent und geht noch einen Schritt weiter. Seine Malerei ist Ausdruck von Beobachtungsgabe und rigoroser Vergegenwärtigung, sie bannt Aura und spürt die Momente sinnlicher Welt auf – auch da, wo wir nicht damit gerechnet haben.
Auszug aus: Thomas Hirsch
Im Hier und Jetzt
2010