Driss Ouadahi

 

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Driss Ouadahi

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In seiner Malerei wendet sich Driss Ouadahi den Zweckarchitekturen, den Rohbauten von Mietskasernen an der Peripherie von Metropolen zu. Bildfüllend – als Ausschnitt – dominieren im Vordergrund die gleichförmigen Raster der Wohnsiedlungen, konstituieren ein tiefenräumliches System, welches den Blick facettiert und mitunter auch als Spiegelung einer Glasfassade zu begreifen ist. Die klappenden Vertikalen mit den schillernden pastellenen Kanten forcieren den Sog in die Tiefe, leiten weiter in das Geschehen und halten doch auf Abstand:
Sie machen den Betrachter zum distanzierten Augenzeugen einer urbanen Situation mit Straßenverläufen, Bepflanzungen oder Restflächen, die in ihrer lichtdurchfluteten Abstraktheit noch als Fata Morgana erscheinen.

Erlebnisgesättigt, handelt es sich um Malerei sui generis, die mit Oberfläche und Textur, opak und lasierend und tonalen Abstufungen agiert und in ihren Verfahren variabel, experimentell ist. Hier nun führt dies zur Gleichzeitigkeit von fotorealistischer Anmutung und gänzlich freien Partien, die umso mehr eine atmosphärische Gestimmtheit im urbanen Geschehen transportieren. Ouadahis Darstellungen tragen die Verbindlichkeit gefundener Orte, Gebäude und Plätze. Ihnen liegen Recherchen vor allem in den Vorstädten in Paris oder in seiner Heimat Algerien zugrunde, mit den von Spekulanten begonnenen, als Skelett verbliebenen Wohnkomplexen. Ouadahi konfrontiert Enge mit Weite, Leere mit Fülle und Gleichförmigkeit mit Verschiedenheit, Opposition. Er schärft für unsere globalisierte Gesellschaft und wirft augenblicklich Fragestellungen auf, welche die Übervölkerung der Städte, die Neudefinition von Peripherie und Zentrum ebenso wie das Aufeinanderprallen unterschiedlicher kultureller Entwürfe ansprechen. Hintergrund sind Phänomene wie die zeitgenössische Nomadisierung und Migrationsbewegungen, welche Ouadahi aus der Distanz, von Düsseldorf aus, konstatiert.
Gewiss bezieht sich dies noch auf Michel Foucaults Diagnose von Heterotopien als Orte ohne Ort, fern von Kompensation wie auch von Illusion (1966/67). In diesem Sinne wären die tot-lebendigen Hochhaussiedlungen, von denen Ouadahis Malerei berichtet, als durchlässiger Spiegel zu lesen, durch den die Hoffnung auf Utopie freilich noch möglich ist.
Vittorio Magnago Lampugnani unterscheidet für die zeitgenössische Architektur im suburbanen Raum zwischen den Polen „Unort“ ohne soziale und architektonische Qualität sowie „Stadtform der Gegenwart“, „neuartig und möglicherweise befremdend zwar, aber durchaus nicht bar der Lebenskraft und sogar der Faszination“ (Handbuch zum Stadtrand, Basel 2007).
In diese Richtung geht die Arbeit von Driss Ouadahi. Aber bei ihm ist das kein theoretischer Diskurs, vielmehr setzt er auf Beobachtung, Assoziation und Prozess mit der Sinnlichkeit seines bildnerischen Mediums. Indem etwa die Raster im Bildgeschehen wegbrechen und die Szenerie im Hintergrund gänzlich expressiver malerischer Gestus ist, kippt die Wahrnehmung weiter und setzt Intensivierung gegen Bestandsaufnahme. Dazu passt, dass neuerdings Menschen in diesen Bildern auftauchen, mehr wie Schatten hinter den Fassaden und tatsächlich Farbflecken in tieferen Schichten. Auf subtile Weise liefert Ouadahi Informationen über den Zustand unserer Städte: als Malerei zwischen nüchterner Realität und Transzendierung.
Thomas Hirsch / Text für: Looking Inside Out / Africa In Oslo, 2009, Kunstnernes Hus, Oslo

Driss Ouadahi (* 1959, Casablanca)
1984 - 1988 École supérieure des beaux-arts d'Alger
1988 - 1994 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf (Meisterschüler bei Prof. Michael Buthe)

Recent Solo Shows
2009 Herbert-Weisenburger-Stiftung, Rastatt
2010 Hosfelt Gallery, New York
2012 Lawrie Shabibi Gallery, Dubai

Recent Group Shows
2007
Alger, Capitale de la Culture Arabe, Musée d’Art Moderne et Contemporain d’Alger, Algier
2009
Looking Inside Out / Africa In Oslo, Kunstnernes Hus, Oslo
Crossings / Traversées, Bab Rouah / Bab El Kebir, Rabat
Périfériks, CAN Centre d´Art Neuchâtel
2010
CB 12 / Cairo Biennale, Kairo
2011
EXIT ART, Geometric Days, New York
The Future of a Promise, 54. Biennale Venedig
Magreb: dos orillas, CBA Circulo de Bellas Artes, Madrid
Le Retour, 3ème Festival International d’Art Contemporain, Musée d´Art Moderne et Contemporain d´ Alger, Algier